Zur Gefahrabwendungspflichten eines Endprodukteherstellers hinsichtlich eines nicht von ihm herstellten Zubehörteils

BGH, Urteil vom 27.09.1994 – VI ZR 150/93

Zu den Gefahrabwendungspflichten eines Endprodukteherstellers, der festgestellt hat, daß bei der falschen Handhabung eines Zubehörteils zu einem von ihm hergestellten Gerät (hier: Elektrodenkabel eines Atemüberwachungsgeräts) schwere Schäden entstehen können.

(Leitsatz des Gerichts)

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats in Freiburg des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 21. April 1993 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand
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Der Kläger ist der Haftpflichtversicherer der Stadt M..

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In der Klinik der Stadt M. erlitt die am 20. Januar 1987 geborene Meryem A. am 19. Januar 1988 beim Einsatz eines von der Beklagten hergestellten Atemüberwachungsgerätes infolge eines Bedienungsfehlers einer Krankenschwester schwerste Gesundheitsschäden. Der Krankenversicherer hatte den Eltern des geschädigten Kindes im April 1987 das bei der Beklagten geleaste Gerät einschließlich der Überwachungsleitung und der Einmal-Elektroden mit Anschlußleitungen zur Verfügung gestellt und diese in die Bedienung des Gerätes eingewiesen. Sie verwendeten es problemlos über mehrere Monate. Nachdem das Kind in das Krankenhaus eingewiesen worden war, brachten die Eltern das Atemüberwachungsgerät in die Klinik und erklärten einer Schwester die Bedienung. Am Abend des 19. Januar 1988 wollte die Krankenschwester R. das Kind an das Gerät anschließen. Sie befestigte die Klebeelektroden am Körper des Kindes. Die Stifte der Elektrodenkabel steckte sie dann nicht, wie es richtig gewesen wäre, in die dreipolige Buchse der Überwachungsleitung (Patientenkabel), sondern in den ebenfalls dreipoligen Stecker für den Anschluß des Geräts an das Stromnetz, der über das Betriebsstromkabel mit der Wandsteckdose verbunden war und nicht im Gerät steckte, sondern auf dem Gerät lag. Dadurch wurde das Kind unter Strom gesetzt und erlitt eine schwere Gehirnschädigung. Das Landgericht M. verurteilte die Stadt M., dem Krankenversicherer des verletzten Kindes Schadensersatz zu leisten. Die Berufung der Stadt hatte keinen Erfolg.

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Im April 1986 war bereits auf ähnliche Weise in H. ein 16 Monate altes Kind ums Leben gekommen. Ähnliche Fälle ereigneten sich auch in den USA. Der Beklagten waren diese Fälle bekannt. Einer ihrer Mitarbeiter war Obmann der Deutschen Elektrotechnischen Kommission im DIN und VDE. Am 29. Oktober 1986 wurden auf der Sitzung des Arbeitskreises dieser Kommission unter dem Vorsitz des Mitarbeiters der Beklagten Lösungen zur Vermeidung von Steckerverwechslungen an Elektrodenzuleitungen beraten. Es wurde beschlossen, sofort einen Text zur Warnung und Erläuterung der richtigen Handhabung von Netzleitung und Patientenkabel zu erarbeiten und schnellstmöglich eine Steckerverbindung zum Anschluß von Elektroden-Anschlußleitungen an Patientenkabel dergestalt zu konstruieren, daß die Einführung des Steckerstiftes der Elektrodenanschlußleitungen an die Gerätesteckvorrichtung der Netzanschlußleitung verhindert wird und dabei eine elektrische Kontaktgabe nicht erfolgen kann. Am 19. Dezember 1986 gab diese Kommission zur Veröffentlichung in Fachzeitschriften für Klinik- und Pflegepersonal Warnhinweise heraus, in denen alle Betreiber solcher Geräte gebeten wurden, durch Auswahl und Unterrichtung des Personals dafür Sorge zu tragen, daß die unterschiedliche Funktion und Bedeutung von Netz- und Patientenanschlußleitung erkannt werden. Im Februar 1987 versandte die Beklagte ein entsprechendes Informationsschreiben an ihre Mitarbeiter in Vertrieb und Kundendienst und bat darum, bei der Einweisung des Personals gemäß § 10 der MedGV auf diese Gefahr hinzuweisen.

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Anfang des Jahres 1988 lieferte die Beklagte ihre Geräte mit neuen Steckerverbindungen aus, bei denen Verwechslungen der Steckerverbindungen nicht mehr vorkommen konnten. In einer Presseinformation vom 22. Januar 1988 wies die Beklagte hierauf hin.

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Im Oktober 1988 trat dann auch eine neue DIN-Norm (42 802) über eine verwechslungssichere Steckverbindung für den Anschluß der Elektroden in Kraft.

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Der Kläger hat von der Beklagten im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs den Ersatz von 144.639,21 DM verlangt; das entspricht der Hälfte des von ihm bisher an den Krankenversicherer gezahlten Betrages. Außerdem hat er die Feststellung begehrt, daß die Beklagte verpflichtet sei, der Stadt M. die Hälfte des von ihr an das geschädigte Kind zu ersetzenden Schadens zu erstatten.

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Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, 29.025,82 DM nebst Zinsen an die Klägerin zu zahlen und hat dem Feststellungsantrag entsprochen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Verurteilungssumme auf 14.512,90 DM ermäßigt und festgestellt, daß die Beklagte lediglich verpflichtet ist, der Stadt M. 1/4 der dem geschädigten Kind zu erbringenden Schadensersatzleistungen zu ersetzen. Im übrigen hatte die Berufung keinen Erfolg. Der erkennende Senat hat die Revision der Klägerin nicht angenommen. Die Beklagte verfolgt mit ihrer Revision ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe
I.

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Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Beklagte habe ihre Verpflichtung, die aufgrund der Produktbeobachtung erkennbaren und erkannten Gefahren aus einer Verwechslung der Steckerverbindung ihres Atemüberwachungsgerätes im Rahmen des Zumutbaren abzuwenden, fahrlässig verletzt. Es sei ihr zuzumuten gewesen, noch vor der Lieferung des Geräts an die Eltern des geschädigten Kindes, dafür zu sorgen, daß die Elektrodenleitungsstecker nicht mehr an die Netzspannung angeschlossen werden konnten. Die Beklagte hätte ohne weiteres solche Anschlüsse für das hier in Frage stehende Gerät entwickeln und anbieten können. Jedenfalls habe die im Verkehr erforderliche Sorgfalt die sofortige Beseitigung der Gefahr geboten.

9
Die Warnhinweise der Beklagten und der Deutschen Elektrotechnischen Kommission im DIN und VDE an die beteiligten Fachkreise hätten nicht genügt, da damit keine ausreichende Sicherheit vor den drohenden Gefahren geschaffen worden sei; denn es sei nicht gewährleistet gewesen, daß alle Verwender des Überwachungsmonitors und der Elektrodenleitung diesen Hinweis erhalten würden.

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Das Berufungsgericht geht davon aus, daß der Beklagten keine grobe Sorgfaltspflichtverletzung zur Last fällt, da über längere Zeit keine Steckerverwechslungen vorgekommen waren und jeder Anwender bereits aus der Dimension der Stifte an den Elektrodenleitungen habe erkennen können, daß diese nicht in die Buchsen des Netzstromanschlusses paßten. Demgegenüber wiegt nach Meinung des Berufungsgerichts das von der Stadt M. nach § 831 Abs. 1 BGB zu vertretende Verschulden der Krankenschwester erheblich schwerer. Für eine ausgebildete Kraft sei es offensichtlich gewesen, daß der Anschluß, den sie vornehmen wollte, nicht zu dem Gerät führt. Zudem habe jeweils ein bestimmter Elektrodenstecker in eine bestimmte, farblich gekennzeichnete Buchse gesteckt werden müssen. Andererseits habe die Beklagte die Verwechslung mit einer technisch leicht machbaren Änderung verhindern können. Daher sei eine Haftungsquote der Beklagten in Höhe von 1/4 den Umständen nach angemessen.

II.

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Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision der Beklagten nicht stand.

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1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, daß die Beklagte verpflichtet war, im Rahmen des ihr Zumutbaren alle Gefahren abzuwenden, die sich bei der Benutzung ihres Atemüberwachungsgerätes ergaben und von denen sie im Rahmen der Produktbeobachtung Kenntnis erhalten hatte (Senatsurteil vom 9. Dezember 1986 – VI ZR 65/86 – Motorrad-Lenker-Verkleidung – VersR 1987, 312, 313). Dazu gehörten auch die Gefahren, die aus der falschen Handhabung der Elektrodenkabel entstehen konnten, welche sie zwar nicht selbst hergestellt, aber als Zubehör ihres Atemüberwachungsgerätes mitgeliefert hatte. Diese Verpflichtung bestand für die Beklagte, nachdem sie Kenntnis von der Gefahr erlangt hatte, ohne Rücksicht darauf, daß damals die entsprechende DIN-Norm noch nicht geändert war und andere Mitbewerber die gleichen Elektrodenkabel verwendeten. Ein Hersteller muß nämlich einen erkannten Produktmangel bereits dann abstellen, wenn seine Konkurrenten ihre Produkte noch nicht umgestellt haben (vgl. Senatsurteil vom 17. Oktober 1989 – VI ZR 258/88 – Pferdebox – VersR 1989, 1307, 1308) und wenn noch keine neue DIN-Norm erlassen ist. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist bereits darauf hingewiesen worden, daß es nicht genügt, DIN-Normen zu erfüllen, wenn die technische Entwicklung darüber hinausgegangen ist (BGH, Urteil vom 12. Oktober 1967 – VII ZR 8/65 – VersR 1967, 1194, 1195; vgl. auch Eiermann, Die Berufsgenossenschaft 1977, S. 512). Das Gleiche gilt, wenn sich bei der Benutzung eines technischen Gerätes Gefahren gezeigt haben, die in DIN-Normen noch nicht berücksichtigt sind. Diese Verpflichtung bestand in besonderer Weise für die Beklagte, die genaue Kenntnis über das haben mußte, was in dem maßgeblichen Arbeitskreis der Deutschen Elektrotechnischen Kommission im DIN und VDE, welcher bereits mit der Überarbeitung der Norm befaßt war, besprochen wurde, da der Vorsitzende des Arbeitskreises einer ihrer Betriebsangehörigen war.

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Der erkennende Senat folgt dem Berufungsgericht auch darin, daß die Beklagte die Pflicht gehabt hätte, andere Elektrodenzuleitungen (mit Buchsenanschluß) als Zubehör ihres Atemüberwachungsgerätes anzubieten, wenn solche im Jahre 1986 bereits im Handel waren. Sie hat auch selbst entsprechend gehandelt und nicht das Inkrafttreten der neuen DIN-Norm abgewartet, sondern bereits Anfang 1988 ihre Geräte mit neuen Steckerverbindungen ausgeliefert, bei denen die Verwechslungsgefahr ausgeschlossen war.

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2. Aufgrund der bisher getroffenen tatsächlichen Feststellungen ergibt sich jedoch noch nicht, daß die Beklagte verpflichtet war, den Eltern des geschädigten Kindes andere Elektrodenzuleitungen zur Verfügung zu stellen.

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a) Die Revision weist zutreffend darauf hin, daß sich aus dem vom Berufungsgericht erwähnten Bericht des Gewerbeaufsichtsamtes H. vom 25. Juni 1986 (GA Bd. II Bl. 119) nicht ergab, daß die damals schon im Handel befindlichen anderen Zuleitungen der Firma A. auch für das von der Beklagten hergestellte Gerät verwendbar waren, und daß die Beklagte im Berufungsrechtszug (GA Bd. II Bl. 139) vorgetragen hatte, die Elektroden der Firma A. seien nur für Diagnosegeräte (z.B. EKG-Geräte), nicht aber für das Überwachungsgerät der Beklagten verwendbar und wegen des Gewichts für die auf dem Körper der Kleinkinder liegenden Kabel auch nicht geeignet gewesen. Gegenteilige Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen.

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b) Mit Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, die Beklagte hätte ohne weiteres für das hier in Frage stehende Gerät selbst entsprechende Elektrodenzuleitungen mit Buchsenanschluß entwickeln und anbieten können. Damit verkennt das Berufungsgericht die Möglichkeiten eines Medizingeräteherstellers, der sein Unternehmen so organisiert hat, daß er nur das jeweilige Gerät selbst herstellt, Zubehörteile, wie z.B. Elektrokabel, ebenso wie seine Mitbewerber jedoch von anderen Herstellern bezieht. Es ist nicht ersichtlich, wie die Beklagte als reiner Gerätehersteller in der Lage gewesen sein sollte, kurzfristig solche Zuleitungen mit Kabeln und anderen Anschlüssen selbst herzustellen. Das Berufungsgericht überspannt mit seiner Forderung die Sorgfaltsanforderungen an die Beklagte.

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3. Das Berufungsurteil könnte nur dann aufrechterhalten bleiben, wenn die Beklagte bereits vor dem 19. Januar 1988 verpflichtet gewesen wäre, andere Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen, und wenn dadurch der Schaden hätte verhindert werden können.

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a) Für die Beklagte bestand bereits im Jahre 1987 die Pflicht, ihren Zulieferer zu veranlassen, kurzfristig andere Anschlußleitungen herzustellen und ihr zu liefern. Auch wenn die Verwechslungsgefahr von den nicht von ihr selbst hergestellten Kabelverbindungen ausging, war sie doch als Endherstellerin mitverantwortlich dafür, daß die Gefahr so schnell wie möglich beseitigt wurde. Da es um Lebensgefahren ging, hatte sie alles in ihren Kräften Stehende zu unternehmen, um auf eine entsprechende Konstruktionsänderung der Kabelverbindungen hinzuwirken. Aufgrund der bisherigen tatsächlichen Feststellungen kann jedoch im gegenwärtigen Verfahrensstand nicht davon ausgegangen werden, daß die Beklagte diese Pflicht verletzt hat. In dem von dem Arbeitskreis der Deutschen Elektrotechnischen Kommission, dessen Obmann ein Betriebsangehöriger der Beklagten war, entworfenen Warnhinweis ist bereits darauf hingewiesen worden, daß sich die Hersteller zusammen mit dem normgebenden Gremium um die Einführung einer verwechslungssicheren Elektrodenstiftkonstruktion bemühten. Nach dem in den Strafakten befindlichen Warnhinweis hatte der Kabelhersteller auch eine raschest mögliche Umstellung zugesagt, welche Kabelverwechslungen verhindern sollte. Der erkennende Senat kann, obwohl die Entwicklung der neuen Elektrode erst Anfang Dezember 1987 abgeschlossen war und es bis zu deren Herstellung und Auslieferung nochmals vier Monate dauerte, nicht beurteilen, ob die Beklagte die Möglichkeit hatte, auf eine schnellere Änderung der Kabelanschlüsse durch ihren Zulieferer hinzuwirken. Die Beklagte hat die Leitungen ersichtlich nicht nach eigenen Plänen und Angaben im Wege der Auftragsfertigung herstellen lassen, hatte also keine “Prozeßherrschaft” (vgl. Schmidt-Salzer, Produkthaftung, Bd. III/1, 2. Aufl., Rdn. 4.306) über deren Herstellung. Wäre das der Fall gewesen, dann hätte sie selbst zügig neue Konstruktionspläne für die Zuleitungen entwerfen und auf deren umgehende Umsetzung drängen müssen (vgl. zu den Pflichten bei der Vergabe von Auftragsfertigungen Senatsurteil vom 3. Juni 1975 – VI ZR 192/72 – Spannkupplung – VersR 1975, 922, 923 und Schmidt-Salzer, a.a.O.). Ein Hersteller jedoch, der für seine Produkte nur gebrauchsfertige Einzelteile verwendet, wie sie allgemein im Handel erworben werden können, hat auf deren Konstruktion im allgemeinen nur einen geringen Einfluß. Auch er muß selbstverständlich dafür sorgen, daß er grundsätzlich nur solche Teile erwirbt, die nach Einfügung in sein Produkt oder in Verbindung mit ihm für den Produktverwender oder für Dritte nicht gefährlich werden können. Er hat deshalb durch Zielvorgaben an seinen Zulieferer sicherzustellen, daß das Zulieferprodukt keine sicherheitsrelevanten Mängel aufweist (vgl. Produkthaftungshandbuch/Foerste, § 25, Rdn. 38) und hat ihn auf die Einsatzanforderungen und Funktionsanforderungen des benötigten Zulieferteils hinzuweisen (vgl. Kullmann/Pfister, Produzentenhaftung Kz. 3250, S. 6). Er ist auch verpflichtet, ihm die mit dem bisher gelieferten Zubehörteil verbundenen Gefahren deutlich vor Augen zu führen und darauf zu drängen, so schnell wie möglich gefahrlose Zubehörteile zu liefern, nicht etwa erst nach dem Absatz der Lagerbestände des seither gelieferten Produkts. Ob und wann der Zulieferer seine Produktion umstellt, obliegt aber grundsätzlich dessen Entscheidung und Verantwortung. Der Endproduktehersteller kann ihn nicht zu einer kurzfristigen Produktionsumstellung zwingen.

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Muß der Endproduktehersteller allerdings erkennen, daß die Produktionsumstellung bei seinem Zulieferer viele Monate beträgt, obwohl – wie das Berufungsgericht dies für den Streitfall annimmt – die Konstruktion eines gefahrlosen Produkts “technisch leicht machbar” ist, oder muß er im Laufe der Entwicklungszeit den Eindruck gewinnen, daß sein bisheriger Zulieferer die erforderliche Produktionsumstellung verzögert, dann muß er versuchen, schnellstens von einem anderen Unternehmen nicht gefahrträchtige Zubehörteile entwickeln und herstellen zu lassen.

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b) Eine Verpflichtung der Beklagten, den werbenden “Hinweis auf den Ausschluß der sonst gegebenen Verwechslungsgefahr”, wie er Anfang des Jahres 1988 erfolgte, schon ein Jahr vorher zu bringen, wie das Berufungsgericht meint, bestand nicht, da dies nur im Zusammenhang mit dem Vertrieb einer neuen Steckerverbindung möglich war, die, wovon der Senat bisher ausgehen muß, die Beklagte im Jahre 1987 noch nicht liefern konnte.

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c) Aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen läßt sich auch nicht beurteilen, ob die Beklagte, wenn eine kurzfristige Änderung der Steckerverbindung nicht möglich war, die Benutzer des Atemüberwachungsgerätes vor der Gefahr der Verwechslung des Steckers hätte warnen müssen und ob damit der Schaden hätte verhindert werden können. Eine solche Pflicht bestand für sie zwar im Rahmen des für sie Möglichen, da sie die Gefahren aus der Benutzung ihres Atemüberwachungsgerätes so klein wie möglich zu halten hatte. Völlig offen ist jedoch bisher, ob der in der Klinik der Klägerin eingetretene Schaden dadurch hätte verhindert werden können.

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aa) Mit Recht geht selbst das Berufungsgericht davon aus, daß durch Warnhinweise, wie sie die Beklagte und die Deutsche Elektrotechnische Kommission im DIN und VDE an die beteiligten Fachkreise verschickt hatten, keine ausreichende Sicherheit vor den drohenden Gefahren geschaffen werden konnte.

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bb) Ungeklärt ist bisher auch, ob die von der Klägerin aufgezeigten Alternativlösungen, wie die Anbringung eines deutlichen Warnschildes an der Front- oder der Oberseite des Geräts bzw. an der Patientenleitung und dem stromführenden Kabel den Schaden mit einigermaßen Aussicht auf Erfolg hätten vermeiden können. Diese Frage kann nur von dem Tatrichter nach sachverständiger Beratung beantwortet werden. Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob es überhaupt eine Möglichkeit gab, auf einem Aufkleber für das Gerät und/oder einem Warnschild für das Kabel eine so deutliche und plausible Gefahrenwarnung unterzubringen, daß man für den Fall der Nichtbeachtung davon ausgehen könnte, es spreche, wie in dem von dem erkennenden Senat entschiedenen Kindertee-Fall (BGHZ 116, 60, 73), eine tatsächliche Vermutung dafür, daß die Warnung beachtet worden wäre. Ein gewisser Hinweis darauf, daß die Gestaltung eines solchen Warnhinweises schwierig, wenn nicht unmöglich war, bzw. nicht den gewünschten Erfolg versprach, könnte sich daraus ergeben, daß der Arbeitskreis der Elektrotechnischen Kommission, der sich mit Lösungen zur Vermeidung von Steckerverwechslungen an den Elektrodenzuleitungen der zur Monitorüberwachung bei Kindern eingesetzten Geräte befaßte, davon abgekommen ist, solche Aufkleber zu entwerfen.

III.

24
Bei dieser Sachlage muß das Berufungsurteil aufgehoben werden, soweit darin zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Berufungsgericht zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden.

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